
Revolution in der Sicherheitsschuh-Norm: Geänderte Norm DIN EN ISO 20345:2022
Über viele Jahre hat sich die Norm für Sicherheitsschuhe, die EN ISO 20345, nur minimal verändert. Die jüngste Überarbeitung der Norm gleicht einer kleinen Revolution.
Erstmals können vollkommen wasserdichte Sicherheitsschuhe eigens zertifiziert werden, und zwar mit den Klassen S6 und S7. Auch bei der Durchtrittsicherheit gibt es eigene Prüfmethoden für metallische und nichtmetallische Zwischensohlen sowie für unterschiedliche Nagelstärken. Bei außenliegenden Überkappen, die dem Produktschutz dienen, wird neuerdings die Abriebfestigkeit gemessen.
Viele nützliche Neuerungen sind in die Überarbeitung der Norm für Sicherheitsschuhe geflossen – ein echter Mehrwert für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Bisherige Norm – neue Norm
Die europäische und internationale DIN-Norm EN ISO 20345 regelt die Anforderungen an Sicherheitsschuhe.
Die bisherige Normfassung DIN EN ISO 20345:2012 wurde überarbeitet und im Juni 2022 in der neuen Normfassung DIN EN ISO 20345:2022 veröffentlicht.
Grund- und Zusatzanforderungen: Änderungen
Die Norm DIN EN ISO 20345 unterscheidet zwischen Grund- und Zusatzanforderungen, zu denen es in der neuen Normfassung EN ISO 20345:2022 Änderungen gibt.
Grundanforderungen
Um als Sicherheitsschuhe (Kennzeichnung SB) bezeichnet werden zu können, müssen Schuhe Grundanforderungen erfüllen, die bereits in der bisher gültigen Normfassung definiert waren.
Zu den bisherigen Grundanforderungen kommt in der neuen Normfassung diese weitere Grundanforderung hinzu:
Die Rutschsicherheit auf Bodenfliesen wird per Test mit einer Art Seifenlauge/Natriumlaurylsulfatlösung (NaLS) ermittelt. Falls der Test nicht möglich ist, wird der Schuh mit dem Symbol Ø gekennzeichnet (zum Beispiel Schuhe mit Spikes).
Zusatzanforderungen
Über die Grundanforderungen hinaus gibt es je nach Einsatzbereich beziehungsweise Art der Gefährdung am Arbeitsplatz Zusatzanforderungen.
Folgende Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus der neuen Normfassung für die Zusatzanforderungen:
- Rutschhemmung:neue Kennzeichnung SR und modifiziertes Prüfverfahren
- Durchtrittsicherheit: neue Bezeichnung „Widerstand gegen Durchstich“ und neue Symbole
- Kraftstoffbeständigkeit: Zuordnung der Kennzeichnung FO als Zusatzanforderung
- Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Schuhobermaterials: WRU wird zu WPA
- Wasserdichtheit des Schuhs: neue Schutzklassen S6 und S7
- Leitergrip (LG): neue optionale Zusatzanforderung
- Überkappenabrieb (SC): neue optionale Zusatzanforderung
- Orthopädische Sicherheitsschuhe: Unterteilung in drei Typen
Rutschhemmung: neue Kennzeichnung SR und modifiziertes Prüfverfahren
Die neue Kennzeichnung SR (Slip Resistance) erhalten Sicherheitsschuhe, die einen Rutschtest auf Keramikfliesen mit Glyzerin bestehen. Die bisher verwendeten Kennzeichnungen SRA, SRB und SRC entfallen.
Durchtrittsicherheit: neue Bezeichnung „Widerstand gegen Durchstich“ und neue Symbole
Die Durchtrittsicherheit wurde bisher mit dem Symbol P gekennzeichnet. Nach der neuen Normfassung wird die Durchtrittsicherheit mit Widerstand gegen Durchstich bezeichnet. Zudem gibt es drei neue Symbole, die sich in der Art des Durchtrittschutzes und dem jeweiligen Testverfahren unterscheiden:
P | Durchtrittschutz mit Stahlsohlen Test mit 4,5-mm-Nagel mit mindestens 1.100 Newton Druck |
PL | Durchtrittschutz mit nichtmetallischen Sohlen Test mit 4,5-mm-Nagel mit 1.100 Newton Druck |
PS | Durchtrittschutz mit nichtmetallischen Sohlen Test mit 3,0-mm-Nagel, der Mittelwert aus vier Tests darf 1.100 Newton nicht unterschreiten. |
Kraftstoffbeständigkeit: Kennzeichnung FO ist mögliche Zusatzanforderung
Bisher wurde die Kraftstoffbeständigkeit der Sohle mit der Kennzeichnung FO bezeichnet, sie war für die Schutzklassen S1 bis S5 vorgeschrieben. Nach der neuen Normfassung ist die Kennzeichnung FO in den möglichen Zusatzanforderungen zu finden.
Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Schuhoberteils: WRU wird zu WPA
Die bisherige Zusatzanforderung WRU (Water Repellent Upper) für die wasserabweisende Eigenschaft des Schuhoberteils wird jetzt mit WPA (Water Penetration and Absorption) bezeichnet.
Wasserdichtheit des Schuhs (WR): neue Schutzklassen S6 und S7
Schuhe mit einer wasserdichten Ausstattung fallen in die neuen Schutzklassen S6 und S7.
Kurzzeichen für Schuhe aus Leder oder anderen Materialien, mit Ausnahme von Vollgummi- oder Polymerschuhen
Symbol | Anforderungen | SB | S1 | S2 | S3 | S3L | S3S | S6 | S7 | S7L | S7S |
- | Grundanforderungen | X | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
- | Rutschhemmung auf Keramikfliese mit NaLS | X | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
Ø | Rutschhemmung nicht geprüft (z. B. Schuhe mit Spikes) | X | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
- | Geschlossener Fersenbereich | O | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
A | Antistatik | O | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
E | Energieaufnahme im Fersenbereich | O | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
WPA | Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme | O | O | X | X | X | X | X | X | X | X |
WR | Wasserdichtheit | O | O | O | O | O | O | X | X | X | X |
P | Widerstand gegen Durchstich: Stahlsohle | O | O | O | X | - | - | O | X | - | - |
PL | Widerstand gegen Durchstich: textile Sohle, 4,5 mm Nagel | O | O | O | - | X | - | O | - | X | - |
PS | Widerstand gegen Durchstich: textile Sohle, 3,0 mm Nagel | O | O | O | - | - | X | O | - | - | X |
- | Profilsohle | O | O | O | X | X | X | O | X | X | X |
X = muss erfüllt werden, O = kann erfüllt werden, - = nicht gebraucht/möglich
Leitergrip (LG)
Die neue optionale Zusatzanforderung LG gibt an, ob der Schuh besseren Halt auf Leitern bietet. Im Gelenkbereich der Laufsohle des Sicherheitsschuhs muss dafür ein Querprofil mit einer Mindesthöhe von 1,5 Millimeter verlaufen.
Überkappenabrieb (SC)
Ergänzt wurde auch die optionale Zusatzanforderung SC für den Abrieb der Schutzkappe. Nach dem Martindale-Abriebtest (8.000 Zyklen) darf die Überkappe dafür keine Löcher durch die ganze Dicke aufweisen.
Zusatzanforderungen im Überblick
Symbol | Bedeutung | Beschreibung | Bemerkung |
P | Perforation Resistance, Steel Midsole | Widerstand gegen Durchstich | Geändert |
PL | Perforation Resistance, Non-metallic Midsole, Large Nail | Widerstand gegen Durchstich | Neu |
PS | Perforation Resistance, Non-metallic Midsole, Small Nail | Widerstand gegen Durchstich | Neu |
C | Coductivity | Leitfähigkeit | |
A | Antistatic | Antistatik | |
HI | Heat Insulation | Wärmeisolierung | |
CI | Cold Insulation | Kälteisolierung | |
E | Energy Absorption | Energieaufnahme | |
WR | Water Resistance | Wasserdichtheit | |
M | Metatarsal Protection | Mittelfußschutz | |
AN | Ankle Protection | Knöchelschutz | |
CR | Cut Resistance | Schnittfestigkeit | |
SC | Scuff Cap | Überkappenabrieb | Neu |
SR | Slip Resistance | Rutschhemmung Keramikfliesen/Glycerin | Neu |
WPA | Water Penetration & Absorption | Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme | Geändert |
HRO | Heat Resistance Outsole | Verhalten gegen Kontaktwärme | |
FO | Resistance to Fuel and Oil | Kraftstoffbeständigkeit | |
LG | Ladder Grip | Halt auf Leitern | Neu |
Zugerichtete Sicherheitsschuhe
Nach der neuen Normfassung werden orthopädisch zugerichtete Sicherheitsschuhe in drei Typen unterteilt, für die neue Anforderungen gelten:
Typ 1: Sicherheitsschuhe mit zugerichteten Einlegesohlen
Getestet werden Einlegesohle (Wasseraufnahme/-abgabe, Wasserdurchlässigkeit, Abriebwiderstand, Chrom VI, pH-Wert) und Zehenschutz, zudem gibt es Tests zu den angegebenen Zusatzanforderungen.
Typ 2: modifizierte Sicherheitsschuhe
Modifizierte Sicherheitsschuhe sind im Laufsohlenbereich zugerichtet. Kombinationen aus Typ 1 und Typ 2 sind möglich.
Getestet werden: Laufsohle (Abriebwiderstand, Biege- und Reißfestigkeit, Hydrolyseresistenz, Schichtentrennkraft bei Mehrschichtenschuhen), Trennkraft zwischen Sohle und Schuhoberteil, Rutschhemmung, Zehenschutz, zudem gibt es Tests zu den angegebenen Zusatzanforderungen.
Typ 3: maßgefertigte Sicherheitsschuhe
Maßgefertigte Sicherheitsschuhe müssen alle Grundanforderungen und die erwünschtenZusatzanforderungen erfüllen.
Wann sollten Sicherheitsschuhe generell ausgetauscht werden?
Sicherheitsschuhe sollen vor Gefahren schützen und gesundheitliche Schäden verhindern. Dafür sollten die Schuhe in einem guten Zustand sein, Orientierung gibt die EN ISO 20345. Berufsgenossenschaften empfehlen den regelmäßigen Austausch des Schuhwerks – vor allem dann, wenn die Schutzausstattung beschädigt oder stark abgenutzt ist.
Je nach Einsatzbereich und Beanspruchung der Sicherheitsschuhe können diese unterschiedlich schnell abgenutzt oder beschädigt sein. Auftreten können unter anderem: Deformierungen an Schuhoberteil oder Laufsohle, teilweise Abtrennung von Laufsohle und Schuhoberteil, Höhe des Laufsohlenprofils niedriger als 1,5 Millimeter, Beschädigung des Zehenschutzes, starker Abrieb des Obermaterials, Rissbildung, defekte Verschlüsse oder aufgetrennte Nähte und weitere.
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